Der Komponist, Texter, Sänger, Keyboarder und Kabarettist Roman Raschke ist vielen im Leipziger Westen kein Unbekannter, sei es als früherer langjähriger Vorsitzender des Leutzscher Bürgervereins, sei es als Organisator von Festen und Konzerten, oder auch als Musiker und Kabarettist auf den verschiedensten Bühnen.

Roman Raschke

Roland Beer sprach mit ihm:

Ich habe Dich 2005 das erste Mal auf der Bühne erlebt. Da hast Du im Rahmen eines Nachmittags mit Mudder Gnulleritschen (der Kabarettistin Birgit Blaßkiewitz) in der ehemaligen Bibliothek Leutzsch Gedichte von Lene Voigt vorgetragen. Es gab Kaffee und Kuchen und viele gerührte Menschen, mich eingeschlossen. Wie ist denn Deine Karriere als Bühnenmensch seither weitergegangen?

Du hast damals meine kabarettische Seite kennengelernt. Das war eine spontane „Einlage“ von mir. Denn eigentlich war ich dort in meiner Funktion als Vorstand des BürgerVereins Leutzsch e.V. im Rahmen des Kooperationsprojektes „Geöffnet“ – in diesem hattest du dich engagiert. Wir wollten als Verein die ehemalige Stadtbezirksbibliothek temporär öffnen und haben dies in einem Projekt mit Hilfe von wohnungslosen Männern aus dem Übernachtungshaus in der Rückmarsdorfer Straße getan. Bühnenmensch bin ich schon seit 2000. Da haben sich die künstlerischen Gene meiner Familie durchgesetzt. Zunächst war das ein Hobby, inzwischen ist es ein Beruf. Heute bin ich als Musiker solistisch und in den Bands „Linie 7ieben“, „Mister Panik & das AtlanticOrchester“ und als Kabarettist aktiv. Auch betreue ich im Rahmen von Projekten die Schulband der 68. Oberschule und das Kinderkabarett „Die HEIMlichTUER“ des Kinderheims Machern. Durch eine persönlich – freundschaftliche Verbindung habe ich auch JA gesagt und spiele für den Bestattungsdienst HOENSCH zu Trauerfeiern. Zwar haben diese natürlich einen traurigen Anlass, doch ich kann den Menschen auch in dieser Situation eine Freude machen und ich bekomme ihre Wertschätzung dafür. Also habe ich wirklich das Glück, beruflich das zu tun, was mir Spaß macht und mich erfüllt. Doch es gilt auch der Spruch von Karl Valentin: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit!“

Mit Annemarie Schmidt vom Kabarett Sanftwut hast Du ja zur Zeit ein aktuelles Programm am Laufen. Um was geht es da?

Annemarie und ich haben uns Ende 2015 kennengelernt und beschlossen, ein gemeinsames Programm zu schreiben und zu spielen. Sie ist Ensemblemitglied des Kabaratts „Sanftwut“ und suchte eigentlich „nur“ einen Musiker für ein eigenes Programm. Ein gemeinsamer Freund – Hans Dieter Hormann vom Clownmuseum Leipzig – brachte uns zusammen. Wir kannten uns vorher nicht. Schnell war klar, dass wir gemeinsame Sache machen. Wir schrieben, verwarfen und gewannen Simone Danaylowa als Regisseurin. Im „Etikettenschwindel – losgelöst draufgeklebt“ geht es um die kleinen und größeren Schwindeleien, Übertreibungen und Mißverständnisse. Beim Lachen kann der Zuschauer – wenn er mag – auch weiterdenken und das Tragische bzw. Kritische hinter dem Komischen erkennen. Wir wollen nicht von der Bühne herunter belehren oder das Denken vorgeben. Wir wollen unterhalten und zum eigenen Denken anregen. Ehe ich hier ausschweife: am besten ist natürlich, sich das Programm im RevueTheater Am Palmengarten selbst anzusehen …

Wir arbeiten derzeit auch an unserem zweiten Programm. Am 05. Oktober 2017 ist Premiere von „BEI EUCH KNEIPPT`S WOHL? VON KUR KEINE SPUR“. Es geht um das Thema Wasser. Ein Weihnachtsprogramm steht auch im Kalender.

Erinnere ich mich richtig, dass Du in einem früheren Leben Vermögensberater warst? Wie ist es denn, nun seiner künstlerischen Berufung nachzugehen? Konzentrierst du dich nur darauf oder gibt es immer noch das unternehmerische Standbein?

Ich konzentriere mich auf meine künstlerische Arbeit. Das „frühere Leben“ ist auch Quelle für mein künstlerisches Tun. Im „Etikettenschwindel – losgelöst draufgeklebt“ schlüpfe ich zum Beispiel in die Rolle des Hausmeisters Herr Lehmann, der mal Banker war. Er hat seine Sicht auf die Finanzwirtschaft – insbesondere nach der Finanzkrise. Er spricht es aus: „Es sind DIE im Anzug, die die Welt ruinieren – nicht DIE im Blaumann!“. 2007 habe ich Lieder rund um´s Thema Geld veröffentlicht. „Schöner Schein“ heißt die CD – dieses Lied spiele ich auch auf der Kabarettbühne. Und mit dem Lied „Mann bei der Bank“ fing eigentlich alles an. Ende 1999 ist mir dazu ziemlich spontan Text und Musik eingefallen. Ich habe damit mein „Ventil“ gefunden, das Thema Geld auch mal unernst zu nehmen. Denn leider bestimmt es heute viel zu sehr. Letztlich zählt Anderes. Was wirklich wichtig ist, kann man mit Geld nicht kaufen.

Viele im Osten kennen die Band „Karussell“. So weit ich weiß, gibt es da verwandtschaftliche Beziehungen. Und gerüchteweise hast Du auch schon ausgeholfen. Stimmt das? Erzähl doch mal …

Mein Onkel Wolf-Rüdiger Raschke hat 1976 „Karussell“ gegründet und ist nach wie vor Bandchef und Keyborder der Band. Seit dem Comeback 2007/2008 gehört mein Cousin Joe Raschke als Sänger und Keyboarder zur Besetzung. Natürlich bin ich quasi mit „Karussell“ aufgewachsen und viele Lieder dieser Band sind mir persönlich wichtig geworden. Einige spiele ich auf meine Weise auch in meinem Programm „Lieder, die ich fühle“. Meist begleitet mich inzwischen mein Sohn Aaron auf der E-Gitarre in diesem Programm. Er ist auch bei „Mister Panik & das AtlanticOrchester“ als Gitarrist dabei. Ich genieße sehr, gemeinsam mit Aaron auf der Bühne zu musizieren. Nicht weil er mein Sohn ist, sondern weil er wirklich ein toller Musiker ist.

Zum Gerücht: Ich habe mal für das Theaterprojekt „Harold & Maude“ gemeinsam mit Reinhard Oschek Huth und Benno Jähnert von „Karussell“ live gespielt. „Karussell“ war da als Band eingebunden und ich war also in der Außenwahrnehmung ein temporärer „Karusseller“. Für das Album „Loslassen“ habe ich für die Band (mit)getextet. Über „Karussell“ habe ich letztlich Robert Seltmann (er hat im Studio für die Band das Album aufgenommen und als Studiomusiker mit eingespielt) und über ihn Stefanie Thümmel kennengelernt. Daraus ist schließlich „Linie 7ieben“ geworden – meine/unsere Band, in und mit der wir 5 Jahre spielen und 2 CDs produziert haben – ausschließlich eigene, deutschsprachige Titel. Maciek Sumalvico (Bass) und Tino Hohndorf (Schlagzeug) machen uns 5 von Linie 7ieben komplett. Am 22.09.2017 steigt im SPIZZ in Leipzig das Jubiläumskonzert – mit musikalischen Gästen. Denn im SPIZZ haben wir zum ersten Mal – in einer Session – zusammen gespielt.

Die Rockmusik scheint Dir ja insgesamt am Herzen zu liegen. Ich sage nur „Leutzsch rockt“. Wann ist es da denn wieder soweit? Und was erwartet den geneigten Zuhörer?

Am 02. September ist es wieder soweit: „Leutzsch rockt!“. Das ist ja eine Herzensache von Marko Kronberg (Makroni Veranstaltungstechnik) und mir. Unser kleines Musikfestival findet in diesem Jahr zum 7. Mal statt. Es werden wieder tolle Bands auf der Bühne stehen. Zugesagt haben die Band des Robert-Schumann-Gymnasiums, Neo Kaliske mit Band, DIN MARTIN und Schlinge Caransa. In diesem Jahr wird allerdings die Bühne, auf Grund von Bauarbeiten auf unserem üblichen Platz, im Bereich der Straße „Am Wasserschloss“ auf dem sogenannten Nordteil des Stadtteilparks Wasserschloss stehen. Das Konzept als kleines gemeinwesenorinetiertes Musikfestival für Jedermann bleibt natürlich. Klein, Groß, Jünger, Älter werden sich wieder finden und bei Livemusik einen schönen Tag miteinander haben. Der Eintritt ist wie immer frei! Alle Kosten decken freundlicherweise Sponsoren aus dem Stadtteil.

Dass Du Dich Dich im Leipziger Westen engagierst, haben wir ja eben gehört. Wie geht es Dir gerade mit dem Leipziger Westen? Mit dem Hype? Was bedeutet für Dich der Leipziger Westen persönlich?

Ende 2013 habe ich meine ehrenamtlichen Aktivitäten nach fast 10 Jahren geordnet beendet. Es war Zeit, Prioritäten neu zu ordnen. Das war eine allseits nachvollziehbare und akzeptierte Entscheidung. Ich freue mich, wenn heute noch mein damaliges Engagement gewürdigt wird und ich meine persönlichen Spuren noch erkennen kann. Noch mehr freut mich, wenn Andere ihre Spuren daran setzen. Ich habe beim Rückblick und beim Blick auf das Jetzt verschiedene Gedanken. Ehrenamtler bzw. aktiver Teil eines Gemeinswesens zu sein, ist natürlich wichtig. Aber seien wir ehrlich: all das hat auch Grenzen. Ich werde nicht der Einzige mit dem Gefühl sein, dass Ehrenamt auch manchmal überfordert wird und viele Ehrenamtler Wichtiges für das Ehrenamt zurückstellen. Bei mir war es die Familie und der Beruf.

Inzwischen bin ich natürlich nicht mehr so gut in die Entwicklungsprozesse des Leipziger Westens involviert. Doch ich registriere natürlich Veränderungen. Ich meine nach wie vor, dass es nicht um Häuser, Straßen, Parks, etc. geht. Sondern es geht immer um den/die Menschen. Sie sind das Gemeinwesen. Und leider sind Menschen eben auch Last und Gefahr für das Gemeinwesen. Es ringen Eigeninteressen mit Gemeinschaftsinteressen. Es ringen verschiedene Lebensentwürfe miteinander. Es gibt bestimmte Augenblickssituationen. Du sprichst von Hype. Ja, was ist dieser Hype konkret? Was wird diesem Hype folgen? Und was war Voraussetzung dafür? In diesen Entwicklungen gibt es leider immer auch Ungerechtigkeiten und daraus resultierende Konflikte.

Künstler sind ja immer auch irgendwie Träumer. Also im Sinne von „ich wünsche und stelle mir vor …“. Ich mag das Miteinander. Das Gegeneinander ist mir zuwider, auch wenn es Situationen gibt, in denen man seine Grenzen setzen muss. Ich habe damals in meinem Ehrenamt Menschen gewinnen wollen, sich persönlich zu engagieren. Machmal ist es mir auch gelungen, Hauptamtler für meine Idee zu gewinnen. Das ist eine Parallele zu meinem Künstlerberuf. In diesem möchte ich auch das Publikum für mein künstlerisches Tun gewinnen.

Der Leipziger Westen – noch konkreter der Stadtteil Leutzsch ist meine räumliche Heimat. Dieser wünsche ich, Heimat für alle zu sein, die sie als Heimat empfinden, schätzen, schützen und positiv entwickeln.

Internetseite von Roman Raschke