Zehn Jahre Magistralenmanagement Georg-Schwarz-Straße (2011 bis 2020)
Was hat sich getan? Wie geht es weiter?

Wir wollen zunächst einen kurzen Blick zurückwerfen in die Georg-Schwarz-Straße in den 2000er Jahren: Dreckig, laut, verfallen, sozial schwierig – so sahen viele Bewohner_innen Leipzigs die Georg-Schwarz-Straße. “Leipzigs vergessener Westen. Kein Stadtteil ist so marode wie Lindenau.“ titelte im Sommer 2009 die BILD-Zeitung. Tatsächlich bot sich an der 2,2 km langen Hauptstraße ein Bild des Niedergangs, dessen Auswirkungen auch auf die angrenzenden Stadtviertel ausstrahlten. Während es in den 1990ern noch zahlreiche Sanierungen gegeben hatte, verlagerte sich der Bauboom danach in andere Viertel die Stadt. In der Georg-Schwarz-Straße waren viele Gebäude noch unsaniert, häufig sogar ruinös. Von 177 Gebäuden entlang der Straße stand mehr als ein Drittel leer – 51 komplett und 10 in Teilen. Einzelhändler_innen gaben aus verschiedenen Gründen ihre Geschäfte auf oder zogen in andere Lagen um, 2010 hatten von 220 Ladeneinheiten 87 keine Nutzungen mehr.

Haus Georg-Schwarz-Straße in Sanierung

Aus eigener Kraft schien sich die Straße nicht erholen zu können, jedenfalls nicht so schnell, dass alle Häuser zu retten gewesen wären. Seit langem ansässige Bürger_innen, Gewerbetreibende und die Vereine Lindenauer Stadtteilverein e.V., Bürgerverein Leutzsch e.V., HausHalten e.V. und kunZstoffe e.V. stemmten sich gegen diese Entwicklung. Sie luden zu Bürgerforen ein und holten die Stadtverwaltung mit an den Tisch. Grob- und Feinziele der Stadt- und Verkehrsentwicklung wurden ausgearbeitet, Konzepte geschrieben, das Fördergebiet definiert und das Geld dafür akquiriert und bereitgestellt. Anfang 2011 konnte mit Mitteln aus einem nationalen Städtebauförderprogramm durch die Stadt Leipzig das Magistralenmanagement Georg-Schwarz-Straße eingerichtet werden.

Mit dem Management wurde im Sommer 2011 ein sechsköpfiges Team von Stadtplanern und Akteur_innen beauftragt, die selbst in der Nachbarschaft wohnten und sich schon vorher in den genannten Vereinen ehrenamtlich engagierten. Sie sahen das Magistralenmanagement auch als eine Möglichkeit an, vor Ort das eigene Wohn- und Arbeitsumfeld positiv mitzugestalten. Innerhalb des Teams gab es nur wenig personelle Wechsel und so konnte die Arbeit kontinuierlich weiterverfolgt werden.

Team des Magistralenmanagements Georg-Schwarz-Straße

Die ebenfalls zu Beginn des Jahres 2011 in einem städtebaulichen Entwicklungskonzept definierten Ziele wurden Stück für Stück bearbeitet, begleitet und immer wieder eingefordert. Nicht alle Ziele haben sich in der Umsetzung als machbar erwiesen. Manche Ziele mussten abgewandelt, andere fallen gelassen werden. Über die Jahre sind neue Ziele und Maßnahmen dazugekommen. Einige der gestellten Aufgaben konnten noch nicht vollendet werden. Der überwiegende Teil ist jedoch nun abgeschlossen und das sieht und merkt man. Die Georg-Schwarz-Straße ist und bleibt laut. Eine enge Straße mit Straßenbahnverkehr ist einfach so. Doch die Häuser sind nun fast alle in einem guten bis sehr guten Zustand. Die Ladenflächen sind größtenteils wiederbelebt. Aktuell stehen noch 22 Ladengeschäfte leer, wovon nur sechs überhaupt zur Vermietung angeboten werden. Die soziale Mischung der Bewohnerschaft ist ausgewogen. Der Handel stabilisiert sich. Der nördliche Teil der Georg-Schwarz-Straße zwischen Rathaus Leutzsch und S-Bahn-Bogen ist komplett neu gebaut. Die soziokulturelle Landschaft ist vielseitig und stabil – wenn auch in Leutzsch noch etwas mehr Kultur nicht schaden würde.

OBM-Rundgang in der Georg-Schwarz-Straße

Die Georg-Schwarz-Straße ist zu einer “Adresse” geworden, nicht zuletzt dank des 2010 ins Leben gerufenen Georg-Schwarz-Straßenfestes. Zahlreiche weitere Akteure, die nach und nach hinzuzogen, gestalteten das gesellschaftliche Leben bunt und abwechslungsreich. Dies wird auch von der Presse so wahrgenommen. Waren in den Anfangsjahren des Managements noch hauptsächlich Meldungen von Diebstahl, Raub und anderen Vergehen über die Georg-Schwarz-Straße im Umlauf, so sind es nun solche über die Baumaßnahmen und die Soziokultur.

Georg-Schwarz-Straßenfest

Die Georg-Schwarz-Straße hat zu anderen Magistralen und Stadtgebieten aufgeholt, einige sogar überholt. Doch Stadtentwicklung ist nie abgeschlossen. Prämissen, lokale Umstände, globale Herausforderungen, soziale Bedarfe und anderes mehr verändern sich immer wieder. Damit wird sich auch das Gebiet weiter entwickeln und verändern. Ein Beispiel dafür sind die auch hier steigenden Mieten und die Bemühungen der Stadt, diese Prozesse abzubremsen und zu verändern, so etwa durch den sozialen Wohnungsbau oder die sozialen Erhaltungssatzungen („Milieuschutzgebiete“).

Planung Aufwertung Georg-Schwarz-Straße

Ziele und Ergebnisse

Gehen wir einmal die konkreten Ziele durch, die 2008-2011 erarbeitet oder im Laufe der Zeit dazugekommen sind und vom Magistralenmanagement begleitet wurden.

Erledigt

  • Ausbau Haltestelle Pfingstweide und Diakonissenkrankenhaus
  • Straßenerneuerung nördliche GSS
  • Sanierung der identitätsstiftenden Eckhäuser (an den Leutzsch-Arkaden, Rückmarsdorfer Str. 1, GSS 1) und der ehemaligen Stadtteilbibliothek
  • Fußgängerüberquerung an den Leutzsch-Arkaden
  • Neues Seniorenheim
  • Umgestaltung Park am Wasserschloss
  • Grundstück GSS 88-90 (Sozialer Wohnungsbau)
  • Neuer Spielplatz Rosenmüllerstraße
  • Sanierungen Brunnenviertel (gegenüber Diakonissenkrankenhaus)
  • “Gehwegnasen” mit Bäumen und Fahrradbügeln
  • Spielstraße Holteistraße
  • Signifikante Leerstandsreduzierung in Wohn- und Geschäftseinheiten
  • Vergabe der Gelder des Verfügungsfonds (173.000 €)
  • Umsetzung Landmarkenprojekt
  • Erstellung Verkehrskonzept

Teil- oder unerledigt

  • Platz gegenüber den Leutzsch-Arkaden noch optimierungsbedürftig (Parken auf Gehweg)
  • Querung Hans-Driesch-Str. aus William-Zipperer-Str. in den Park mit dauerhafter Lichtsignalanlage Stadtplatz Leutzsch an Hans-Driesch-Str. gestalten und Pflegevertrag abschließen
  • Ampel und weitere Straßenbahnhaltestelle vor Konsum
  • Behindertengerechter Ausbau Haltestellen (Rathaus Leutzsch, Wielandstr. und Georg-Schwarz-/ Merseburger Str.)
  • Begrünung der Seitenstraßen zwischen G.-Schwarz-Str. und W.-Zipperer-Straße
  • Fassadenbegrünungen (nicht historische Fassaden)
  • Reduzierung auf Tempo 30 zwischen Merseburger Str. und Calvisiusstraße
  • Verlängerung der Linie 67 zum S-Bahnhof Leutzsch
  • Mehr Bänke, Auslagen und Grün und Parklets
  • Schließung Radverkehrslücke auf der Hans-Driesch-Straße (vor dem Park am Wasserschloss)
  • Umbau gesamte südliche Georg-Schwarz-Straße (Baubeginn geplant 2028/ 2030)
  • Aufhebung Einbahnstraßenregelung zwischen Erich-Köhn-Straße und Merseburger Straße für Radfahrende (im Zuge Umbau)
  • In Tempo-30-Abschnitten ohne Radweg Radfahrsymbol zwischen den Schienen
  • kontinuierliche Maßnahmen gegen Falschparker
  • Einführen von Kurzzeitparken in Geschäftsbereichen als Anliefererzone
Themenabend im Café Schwarz

Wie weiter?

Wenn man im Stadtteil etwas ändern oder verbessern will, braucht es Unterstützung und Akzeptanz von vielen Menschen, den Willen, sich intensiver mit diesem bestimmten Thema auseinanderzusetzen und vor allem Durchhaltevermögen.
Nach dem Auslaufen des Magistralenmanagements Georg-Schwarz-Straße fungiert in erster Linie der ehrenamtlich arbeitende Stadtbezirksbeirat Alt-West als Ansprechpartner für Anfragen aus dem Gebiet. Dieser tagt in öffentlicher Sitzung jeden ersten Mittwoch im Monat im Festsaal des Rathauses Leutzsch und ist unter der E-Mail-Adresse alt-west@sbb.leipzig.de zu erreichen.
Der Stadtbezirksbeirat Alt-West wird, sofern es im städtischen Haushalt bestätigt wird, ab 2021 jedes Jahr 50.000 € zur Verfügung haben, mit denen er Projekte im Stadtteil und für den Stadtteil unterstützen kann.
Auch das Kulturamt Leipzig unterstützt in dem Bereich Soziokultur Projekte, die im und für den Stadtteil umgesetzt werden. Die Servicestelle der Vereine der Freiwilligenagentur Leipzig erstellt in regelmäßigen Abständen einen Newsletter mit einer Auflistung aktuell verfügbarer Fördermittelprogramme – auch für Projekte vor Ort.
In der Publikation “Gestalte deine Stadt so, dass sie dir gefällt”, die kostenfrei im Stadtteilladen Leutzsch in der Georg-Schwarz-Str. 122 und bei kunZstoffe e.V. in der Georg-Schwarz-Str. 7 erhältlich ist, findet man viele weitere Tipps und Ansprechpartner_innen, die bei der Umsetzung eigener Projekte im Stadtteil hilfreich sein können.