Das LIEBER LOSE macht unverpacktes Einkaufen zur Selbstverständlichkeit: Nicht nur für diejenigen, die schon länger den Wunsch haben, weniger Verpackungsmüll zu produzieren, sondern auch für alle, die sich erst seit Kurzem mit Möglichkeiten zur Abfallvermeidung auseinandersetzen.
Der neue Unverpackt-Laden auf der Zschocherschen Straße/Ecke Weißenfelser Straße lockt bereits viele Stammkund*innen an. Das Stadtteilbüro Leipziger Westen hat mit Franziska Frank, der Gründer*in und Initiatorin des LIEBER LOSE, gesprochen:

Was ist das Besondere am LIEBER LOSE?

Wir sind ein verpackungsfreier Laden. Hier im Laden zu stöbern und einzukaufen ist ein Erlebnis, endlich sind die Lebensmittel sichtbar und das Auge ist nicht gestört von Werbung und Verpackung. Wir versuchen Einkaufskörbe komplett zu machen, sodass Kund*innen keine oder wenige zusätzliche Einkäufe tätigen müssen.
Uns ist es wichtig, dass das Einkaufen hier unkompliziert, vollständig, persönlich und wiederkehrend ist. Wir sind ein freundliches, kundennahes und ökologisch konzipiertes und gedachtes Ladengeschäft. Außerdem sind wir ein ökologisch reflektierter, aber sehr unmoralischer Laden – wir bewerten Konsumverhalten nicht, wir möchten inspirieren.

Welche Produkte findet man in eurem Laden und wie funktioniert das Einkaufen bei Euch?

Unsere Produkte bekommen wir von unseren Händler*innen in Großgebinden oder in Pfandbehältnissen. Unsere Kund*innen bringen sich ihre eigenen Behältnisse mit, leihen sich von uns welche aus, kaufen hier welche oder nehmen sich aus unserer Giftbox für Behältnisse welche mit (von Kund*innen für Kund*innen). Sie wiegen das Gefäß (um das Leergewicht zu bestimmen), füllen sich so viel ab wie sie brauchen und bezahlen. An der Kasse ziehen wir dann das Leergewicht ab. Wir bieten hier 800 Produkte aus Glas- und Edelstahlbehältnissen an. Bei der Ladenplanung war es uns wichtig, Materialien einzusetzen, die langlebig und plastikfrei sind.
Neben Lebensmitteln gibt es bei uns eine große Auswahl an Drogerieartikeln: festes Shampoo, Conditioner, Schminke, Lippenstifte und Pflege, Reinigungsmittel, Behältnisse zum Transport von Lebensmitteln und zum Warmhalten von Speisen, (un-)isolierte Trinkflaschen und Utensilien für Selbermachprojekte: Zum Beispiel Bienenwachs, Sheabutter, Natron, Zitronensäure oder Soda.

Gibt es Produkte, die ihr gerne lose verkaufen würdet, bei denen es allerdings schwer ist, sie in dieser Form anzubieten?

Ich möchte gerne Senf und andere Soßen von regionalen Erzeuger*innen zu einem fairen Preis anbieten. Mascara wäre auch noch etwas, was ich klasse finden würde. Auch Kontaktlinsenflüssigkeit kommt mit ziemlich viel Plastikverpackung daher. Das ginge sicherlich auch anders, ist aber unverpackt (noch) nicht möglich.

Wer kommt zu euch? Wie eng sind die Beziehungen, die ihr zu euren Kund*innen aufbaut?

Das lässt sich schwerlich pauschalisieren. Bisher waren unsere Stufen noch kein Hindernis für Kinderwägen und Anhänger. Wir plaudern gern und tauschen uns aus. Mittlerweile haben wir viele Stammkund*innen. Wir wissen, wer einen Kassenbon mitnehmen möchte und welche Produkte von wem gerne gekauft werden. Ich hatte in keiner Situation meines Lebens täglich so viel Kontakt zu so vielen Menschen. Das ist neu und ich hatte anfänglich gedacht, dass das auch fordernd sein kann. Aber es ist ganz anders: Die Kontakte sind freundlich und zugewandt, das spendet Energie und bereichert.

Bemerkt ihr Hemmschwellen in euren Laden zu kommen und wie begegnet ihr diesen?

Bisher noch nicht. Ich denke, die Menschen, die tatsächlich der Preise wegen gehemmt sind oder gar Vorurteile haben, werden diese abbauen. Wir sind an der ein oder anderen Stelle günstiger als der Bioladen, weil wir kleine Preisvorteile durch die Abnahmen von großen Gebinden erzielen können. Wir haben hier täglich sehr viele neugierige Menschen, die uns zum ersten Mal entdecken. Diese Begegnungen beschwingen.

Welche ökologischen Ansätze finden sich im LIEBER LOSE wieder?

Wir versuchen Verpackungen einzusparen: Lebensmittel kommen im Pfandbehältnis oder im großen Papiersack hier bei uns an. Falls doch einmal etwas in Plastik verpackt ist, suchen wir nach Alternativen und verwerten bis dahin die Verpackung: Als Müllsäcke, für Kund*innen zum Abfüllen oder zum Basteln für Einrichtungen. Materialien sollten nach unserer Idee lange Lebenszyklen bekommen. Bisher gelingt das ganz gut. Wir verwenden im Laden gebrauchte Materialien (Holz, Metall, Fliese, Technik). Wir sind außerdem Mitglied bei TeilAuto, beziehen unseren Strom von Naturstrom und schreiben auf Gras- oder Recyclingpapier.

Welche Menschen wollt ihr erreichen? Wie sprecht ihr die unterschiedlichen Zielgruppen an?

Wir haben im Vorfeld viele Stadtfeste besucht, haben ein umfangreiches Crowdfunding gemacht und damit sehr viele unterschiedliche Menschen erreicht. Wir wollen künftig proaktiv auf Schulen zugehen und diese zu einem Besuch hier im Laden einladen. Es ist erstaunlich, wie aufgeschlossen und neugierig die Kleinen unserer Gesellschaft sind. Wir kooperieren mit der Schaubühne Lindenfels und der Nepomuk Bar. Das ist einfach so entstanden. Wir wollen Unternehmen, Gemeinschaften etc. mit Verpackungsreduziertem versorgen: Belieferungen mit Müsli oder Snacks sind da zukünftig denkbar.

Seht ihr in eurer Arbeit einen Bildungsauftrag?

Wir machen Angebote, die genutzt werden, aber als Bildungsauftrag verstehe ich unsere Arbeit nicht. Ich habe mit dem Bildungsbegriff auch ein paar Negativassoziationen: Wissen und Leistung. Wir verkaufen ja im Grunde nur Lebensmittel. Wir investieren einfach ein bisschen mehr Zeit, damit diese mit wenig Verpackung auskommen. Wenn wir mehr Zeit haben und im Laden Prozesse laufen und alles fluffig ist, dann wünsche ich mir, dass wir Vorträge halten können, Workshops geben können und noch mehr Schulklassen hier einen Raum geben können.

Gibt es Kooperationen zwischen dem LIEBER LOSE und anderen Initiativen?

Ja, wenn Kooperation Zusammenarbeit bedeutet? Dann würde ich sagen, dass unsere regionalen Erzeuger*innen auch Kooperationspartner*innen sind. Wir tauschen uns aus, finden Verpackungslösungen und stellen uns gegenseitig unserer Kundschaft vor. Wir haben bereits mit der Schaubühne Lindenfels und mit dem Kindermuseum kooperiert.

Können Kund*innen in Eigeninitiative aktiv werden?

Absolut, wir sind immer interessiert an Projekten und Ideen wie Materialien „weiterverwendet“ werden können, welche Produktwünsche unsere Kund*innen haben und wo wir uns noch weiterentwickeln können.

Was bereitet dir am meisten Freude in deiner täglichen Arbeit?

Was mir Spaß macht ist der Menschenkontakt, die Dankbarkeit und Wertschätzung, die mir hier so oft widerfährt.

 

LIEBER LOSE
Weißenfelser Straße 22
04229 Leipzig
(Ladeneingang: Zschochersche Straße)
www.lieberlose.de

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 9:30 – 19:30 Uhr
Samstag: 9:30 – 16:00 Uhr