Wussten Sie, dass es Betriebe im Leipziger Westen gibt, die seit dem zweiten Weltkrieg existieren? Ein Beispiel: Die Vulkanisierwerkstatt Fritz Held, mittlerweile ergänzt durch die technische Produktion der Gummi Held GmbH. Wir haben von den Köpfen der beiden Firmen Wolfgang Held und Marco Ebelt erfahren, was die Betriebe genau ausmacht und wie speziell die Vulkanisierwerkstatt Fritz Held den Leipziger Westen über die Jahre erlebt hat.

Ein Familienbetrieb, der in drei Generationen Einiges erlebt hat im Leipziger Westen – seit 1945 liegt der Sitz der Firma in der Aurelienstraße. Spezialisiert war er mit im Schnitt zwei bis vier Beschäftigten bis zur Gründung der Gummi Held GmbH auf individuelle Gummiartikel jeder Art – Manschetten, Puffer, Unterleggummis und Gummi-Metall-Verbindungen, um nur ein paar zu nennen. Konkret kommen die inzwischen von der Firma Gummi Held GmbH produzierten Artikel im technischen Bereich zum Einsatz, beispielsweise in den Bahnen der LVB, auf Walzen der Fensterfirma Schüco in Weißenfels oder in den technischen Produkten der Firma REIFF.

Dass die wirtschaftliche Lage so stabil ist wie jetzt, war nicht immer so. Die Geschichte der Vulkanisierwerkstatt geht Hand in Hand mit der Leipzigs und der DDR. Bis 1989 mietete der Betrieb die Räume bei der damaligen kommunalen Wohnungsverwaltung an. Durch die mit der Wende einhergehende Umstrukturierung musste Wolfgang Held das Gebäude und zugehörige Gelände kaufen – nur eine von vielen Herausforderungen in dieser Zeit:

„Es war schwierig, in der Übergangsphase überhaupt den Betrieb aufrecht zu erhalten, weil die Grundlagen der Produktion zu DDR-Zeiten nicht mehr vorhanden waren. Die Betriebe, die damals von uns beliefert wurden, existierten zum Teil nicht mehr und wurden dann abgewickelt oder sind an andere Eigentümer gegangen. Ersatzteile, die wir vorwiegend produziert haben, wurden nicht mehr benötigt. Das heißt, wir mussten uns nach neuen Kunden umsehen – es waren ja fast 100 % weggebrochen.“ Dazu gehörten auch das Bodenbearbeitungsgerätewerk Leipzig (BBG) auf dem Gelände des heutigen Jahrtausendfelds und das VEB Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig im heutigen Westwerk.

Die wirtschaftliche Entwicklung spiegelte sich aber auch im öffentlichen Leben wider: „Vor der Wende war die Karl-Heine-Straße eine ziemlich belebte Straße. Da gab es zwei Kaufhäuser an der Ecke hier. Es war immer großer Betrieb. Nach der Wende wurden die Kaufhäuser zu gemacht, die BBG gab es nicht mehr lange – da war erstmal totale Ruhe hier. Das hat sich erst nach und nach wieder positiv entwickelt. Dann ging es mit den Renovierungen der Häuser los. Die Straßen – gerade die Aurelienstraße – wurden komplett neu gemacht.“

Wolfgang Held erinnert sich, wie es danach mit der Vulkanisierwerkstatt weiterging: „Durch mühsame Kleinarbeit ist es uns gelungen, wieder einen Kundenstamm aufzubauen, der aber auch deutschlandweit vertreten ist. Trotzdem haben wir natürlich auch hier den Blick in die Region. Das ist auch sinnvoll, weil es ja auch wichtig ist, Kundenkontakt zu halten.“

Mit der Zeit und dem wirtschaftlichen Erfolg kam unweigerlich die Frage auf, wie dieser Erfolg auch künftig mit den steigenden technischen Anforderungen garantiert werden kann. Die Idee wurde geboren, mit Gründung einer neuen Firma als GmbH dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. „Natürlich ist es nicht einfach heutzutage, jemanden zu finden, der bereit ist, als Geschäftsführer Verantwortung für einen neuen Betrieb zu übernehmen. Da war es ein glücklicher Umstand, dass mein Sohn und Marco zusammen Fußball spielen und sich vom Sport her kennen“, so Wolfgang Held.

Marco Ebelt kam als gelernter KFZ-Mechaniker mit über zwanzig Jahren Berufserfahrung 2013 in die Vulkanisierwerkstatt: „Das war erstmal ein Schritt ins Ungewisse. Ich wusste ja gar nicht, was mich erwartet. Ich bin hier reingekommen und habe mir das kurz angeguckt. Es roch stark nach Gummi und sah aus wie 1980 – aber ich dachte mir ‚Na gut, egal, da müssen wir eben mal gucken‘“, erinnert er sich und schmunzelt. Am 1.1.2015 wurde dann die Firma Gummi Held GmbH gegründet, in der Marco Ebelt als angestellter Geschäftsführer fungiert. Nach einer Vorstellung bei und dem persönlichen Kontakt zu den Kunden der Vulkanisierwerkstatt übernimmt seine Firma nun den größten Teil der Produktion mit dem Ziel, diese effektiver mit modernen Produktionsmethoden zu gestalten. Dabei geht es weiterhin um die individuelle Beratung der Kunden, die Entwicklung von Neuteilen aber auch zeichnungsgebundene Standardfertigungen.

Die Geschichte der Vulkanisierwerkstatt steht beispielhaft für viele kleine Betriebe, die die wirtschaftliche Landschaft Leipzigs prägen und sie so vielfältig machen. Und obwohl nun für „Gummi Held“ alles wieder in geregelten Bahnen läuft, gibt es immer wieder Überraschungen. Die Produktion von Ersatzteilen für ein U-Boot zum Beispiel.