Welche Relevanz hat das Projekt für Leipzig und den Leipziger Westen?
Zuallererst geht es, gerade bei der Frage der Relevanz, darum wie wir in urbanen Großräumen unser Leben auch in Zukunft und enkelsicher gestalten. Da ist Ernährung ein ganz großes Thema, hat doch „falsche“ oder „unwissende“ Ernährung immense Folgekosten für die Gemeinschaft und verursacht Leid und flächendeckende Zerstörung. Dafür öffnet Patrice Wolger auf seiner Homepage zum Beispiel auch eine Seite „Kostentransparenz“, zu der er sagt: „Ich habe einfach Lust, dass Menschen verstehen wie Lebensmittelerzeugung und -handel abläuft. Essen ist für mich politisch. Und nur, wer etwas weiß, kann auch für sich und sein Handeln Verantwortung übernehmen. Was der große Teil der Lebensmittelindustrie macht, fußt auf Profitmaximierung und beutet Menschen, Tiere und die Erde aufs Abartigste aus. Kleinteiligeres Lebensmittelhandwerk ist kostenintensiver, seinen Preis wert und den zeige ich gerne mal auf.“
Leipspeis und Ölmühle Leipzig arbeitet aber auch gemeinsam, was den Standort Leipziger Westen stärkt: „Seit Beginn der ersten Aufstriche gibt es einen Produktionspartner, sein Name ist Georg und seit nunmehr sechs Jahren füllen wir zusammen das Leipziger Gemüse in die Gläser. Neben ihm gibt es noch zwei bis drei Freunde, die fest angestellt sind oder in Arbeitsspitzen aushelfen.
Es ist sehr familiär und noch dazu ist das leipseis-Team eingebettet in eine bunte Küchengemeinschaft. Wir teilen uns mit drei anderen Firmen eine Küche.“
Auch im Vertrieb gehen Wolger und seine Freunde intelligentere und von großen Zusammenschlüssen unabhängige Wege, sodass die Firma eben auch krisenfester ist, als von außen regierte und im inneren Prozess undemokratische Unternehmen. „Wir lieben es, neue Wege einzuschlagen. Deswegen hatte ich von Anfang an das Ziel, dass Produkte aus Leipzig nicht in weit entfernten Regionen von Deutschland auftauchen. Der übliche Vermarktungsweg über den Bio-Großhandel war also keine Option für  uns.
Die Erzeuger-Vertriebsgemeinschaft kostkollektiv und die Leipziger Firma Egenberger Lebensmittel sorgen dafür, unsere frisch produzierten Erzeugnisse auf kürzestem Wege an unterschiedlichste Hof‑ , Bio‑ , Unverpackt‑ , Feinkostläden und Supermärkte im Raum Leipzig zu liefern. Nachdem wir vier Jahre ausschließlich kleinere Läden und Bio-Supermärkte beliefert haben, gab es für uns zwei Gründe, auch die Leipziger Filialen des konventionellen Handels zu beliefern.
Grund 1: Wir wollen möglichst vielen interessierten Leipziger*innen unsere Produkte anbieten und so die regionale Versorgung mit kurzen Transportwegen in allen Ecken Leipzigs erhöhen.
Grund 2: Wir mussten unsere Löhne anpassen, damit sie existenzsichernd sind. Viele Jahre konnte ich mir“, so Patrice Wolger, „nur maximal 7,50 Euro/Stunde auszahlen. Und das Unternehmen braucht Rücklagen für schlechte Tage und zur Umsetzung neuer  Ideen.
Vereinzelt werden nach umfangreicher Abwägung auch Geschäfte außerhalb Leipzigs bedient. So z.B. der Unverpackt-Laden in Gera. In Gera bin ich groß geworden. Familienbesuche vor Ort nutze ich auch dazu, die Ladenregäle von Unverpackt Gera wieder mit frischen leipspeis-Produkten aufzufüllen.
Durch eine Kooperation mit der Lastenradkurierunion FULMO liefern wir jeden Monat 800 Kg Ware via Lastenrad in die Leipziger Läden.“
Neben der rein wirtschaftlichen Ausrichtung engagiert sich Patrice Wolger aktiv beim Ernährungsrat Leipzig und unterstützt Institutionen wie den Leipziger Ökolöwen, das Konzeptwerk, das Kindermuseum Leipzig und die Stiftung Bürger für Leipzig finanziell.
Dabei brennt Patrice Wolger förmlich für seine Arbeit und bringt das Thema Ernährung tagtäglich und voller Enthusiasmus unter die Menschen, wobei er sich des Vorteils, gerade kleinerer Firmen, völlig bewusst ist. „Sie können nämlich zuhören. Ein großer Teil meiner Aufgabe war es jedes Jahr auf allen Straßenfesten dieser Stadt da zu sein und in Austausch mit den Leipziger*innen zu treten, um zu erfahren, wie finden sie meine Produkte und was fehlt ihnen noch? Also wo, lieber Aufstrich-Koch und Ölmüller, musst du noch ranklotzen, damit wir mit dir in unserer gemeinsamen Stadt zufrieden sind und gut leben können.“

Kontakt:
leipspeis & Ölmühle Leipzig
Patrice Wolger
Markranstädter Str.8
04229 Leipzig
Tel: 0177 234 234 8

Der leipspeis-Chef lachend in seiner Küche. Weil Arbeit Freude machen soll. Fotocredit leipspeis privat

Text: Volly Tanner/ Fotorechte: leipspeis privat